Istanbul, ab 07.März 2022
- ulibrosch
- 10. März 2023
- 4 Min. Lesezeit
Sehr sehr spät in der Nacht zum 7. März hieß es Abschied nehmen vom wunderschönen Oman, diesem Land, dass mich so verzaubert hat in vielerlei Hinsicht. Bevor es zurück ins winterliche Deutschland geht, wird noch ein Zwischenstopp auf zwei Kontinenten eingelegt- das magische quirlige Istanbul. Wir erreichen die riesige Stadt am frühen Morgen, die Stadt erwacht gerade und es sieht nach gutem Märzwetter aus. Wir wohnen im Süden von Beyoglu am Hang in einem kleinen Hotel in einem Handwerkervirtel. Der berühmte Galataturm ist von der Dachterrasse zu sehen und hier gibt es auch eine schöne kleine Bar, wo sich der Abend hervorragend mit Blick auf die berühmte und nächtlich illuminierte Hagia Sophia bei einem Drink vom Barkeeper Hüssein ausklingen läßt. Herrlich !!!, denn ich hab noch so gar keine Lust auf das winterliche Berlin.
Der Morgen beginnt also mit einem ausgiebig türkischen Frühstück mit Blick auf die Stadt. Dann geht es auf eine erste Erkundungstour. Für mich fühlt sich die Quirligkeit nach der Weite und den großzügig gestalteten Räumen im Oman befremdlich an. Ich muss mich auch erst wieder an die Lautstärke gewöhnen, nach den wohltemperierten Stimmen des Sultanats Oman.
Es sind viele Menschen unterwegs, Waren werden intensiv und mit vollem Körpereinsatz angeboten und von Lastenträgern auf großen Karren durch die engen Gassen bewegt. All das macht mich nach dem Flug irgendwie müde und ein ausgiebiger Mittagsschlaf muss es richten.
Ich bin irgendwie verwirrt.
Es laufen unheimlich viele Männer mit merkwürdigen Kopfverbänden hier rum. Es handelt sich nicht um Turbane !! Und dann versteh ich was los ist. Istanbul ist das Mekka der männlichen Haartransplantation ! Alle sehen gleich aus und haben einen wie mit dem Lineal gezogenen frisch eingepflanzten Haaransatz. Dazu müssen diese armen Wesen eine Art Frottee- Stirnband à la Björn Borg tragen. Nur für die jüngeren Leser, dies ist eine Tennislegende aus den 80 ern mit damals im Sport unerhört langen blonden Haaren und eben Stirnband, um den Ball des Gegners auch sehen zu können- oder einfach nur wie Fittness Queen Jane Fonda hipp(allein dieses Word gab es damals noch gar nicht) auszusehen. Ich vermute dieses Stirnband dient nicht der Fittness, sondern zur bessern Durchblutung der frischen Haarpflänzchen.
Es gibt so viel zu sehen hier. Allein die ganzen berühmten Moscheen zu besichtigen würde Tage dauern. An der Hagia Sophia steht eine riesige unendlich lange Schlange und trotz vorgebrachten Tickets kann man diese nicht umgehen. Also wird entschieden, diese Moschee nur von außen anzusehen, denn ich hab als altes Ostkind eine gewaltige Aversion gegen wirklich langes Schlangestehen. Dafür geht es in die Unterirdische Cisterna Basilika, einen Wasserspeicher für die Stadt aus dem 15. Jahrhundert. Einfach atemberaubend ! Hunderte von großen Säulen halten ein Backsteindach mit Kreuzbögen. Natürlich führt die Zisterne Wasser und man läuft über Stege. Das Licht wird ständig gewechselt und verwandelt diesen Raum in einen magischen diesen Ort.
Gekonnt wurden zudem moderne Kunstwerke plaziert. Ich möchte ewig hier verweilen, so eine tolle Stimmung wird hier erzeugt.
Von der Zisterne geht es dann Richtung Großer Basar. Von unserem Barkeeper Hüssein haben wir den Tipp bekommen, eher die Seitenstraßen zu durchbummeln. Bummeln trifft es eher nicht, denn man wird quasi geschoben. Unmengen von Menschen und in den Seitengassen eben keine Touristen bewegen sich als eine homogene Masse durch die engen von unzähligen Geschäften gesäumten Gässchen. Fast scheint es unmöglich stehen zu bleiben. Dazwischen tauchen immer wieder kleinere Restaurants auf, in denen Einheimische zu Mittag essen. Genau dass, was ich auch möchte. Es gibt authentisches Essen zu fairen Preisen und nicht wie die Abzocke in den Cafés um die Hagia Sophia herum.
Am Internationalen Frauentag ist hier gefühlt die Hölle los. Eine massive Polizeipräsenz von bis an die Zähne bewaffneten, hier ganz in Schwarz gekleideten Polizisten. Es ist unmöglich zum Taksin Platz zu kommen, alles abgesperrt. Später erfahre ich, dass es eine Kundgebung zum Frauentag gab, an der auch sehr viele Frauen aus dem Iran teilnahmen und man massive Ausschreitungen befürchtete. Die Polizei wirkt auf mich hier irgendwie befremdlich (im Oman hat man gar keine Polizisten gesehen). Zum einen sind sie sehr schwer bewaffnet und dann sitzt man im Café und nur 2 m vor mir posen diese Kampfmaschinen mit Maschinengewehr vorm Galataturm zum Selfie.
Keine Ahnung, ob dass so bei uns auch gehandhabt würde 😝.
Gestern brauchte ich etwas Ruhe und Besinnung. Balat ist ein Stadtbezirk, der kaum von Touristen besucht wird, da er abseits von den üblichen Routen liegt. Hier gibt es verschachtelte am Hang gebaute knallbunt gestrichene Häuser, alte verfallene Kirchen und traditionelle mit Erkern versehenen Holzhäuser, die mich an die Babajaga Hexe erinnern. Es ist ruhig und besinnlich hier, kein Trubel, keine Menschenmassen. Herrlich. Die Sonne scheint, man sitzt im Café und genießt einen einfachen traditionellen türkischen Tee. Das gefällt mir sehr.
Leider ist heute der letzte volle Tag in dieser so vielfältigen Stadt. Ich werde versuchen, wenigstens die große Blaue Moschee zu besichtigen- hoffentlich ohne Konsumschlange !
Morgen geht es zurück ins winterliche Berlin. Ich hab mich grad so schön reisetechnisch eingegroovt und könnte gern einfach noch weiterreisen… Aber wie Ihr mich kennt, hab ich schon das nächste Ziel im Kopf. Nach der Reise ist vor der Reise. Ich werde natürlich berichten.
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