Landhuis Ascencion, 05.06.2023
- ulibrosch
- 6. Juni 2023
- 3 Min. Lesezeit
Ich sitze wieder in meinem aktuellen Lieblingsrestaurant. Es ist geradezu kühl, nur 29°, gestern waren es 36 ! Es geht ein Windchen und über der höchsten Erhebung der Insel dem Christoffelberg (darf man mit gerade mal 375 m schon Berg genannt werden?- auf einer kleinen Mini- Insel sicher) hängt eine dicke graue Wolke. Das sieht nach Regen aus.
Gestern hatte ich frei. Frei heißt gerade in meinem Fall, kein Tauchen für mich.
Das Internet kann echt eine tolle Erfindung sein ! Ich hatte in diversen lokalen Webseiten gelesen, das jeden ersten Sonntag im Monat auf einem der hier wohl größten ehemaligen Plantagenanwesen, dem Landhaus Ascencion eine Art lokaler Flohmarkt stattfindet. Also bin ich da mal hingefahren und es war wirklich toll. Das Landhaus liegt, wie alle diese Plantagenhäuser, auf einem Hügel. Dies hat man extra so gemacht, damit sich die Plantagenbesitzer gegenseitig mit Rauchzeichen und Lichtsignalen bei eventuellen Sklavenaufständen warnen konnten. Dafür ist am Giebel des Hauses ein Stahlring angebracht, in welchem man eine Fackel als Alarmsignal anbringen kann.
Das Ascencion ist eines der größten Landhäuser hier. Es „beherbergte“ fast 100 Sklaven und von hier nahm einer der größten Sklavenaufstände Curaçaos seinen Anfang. 1672 wurde die Plantage gegründet auf dem Grund und Boden eines ehemaligen Indianderstammes. Damals gab es auf Curacao noch genug Wasser, so dass Bohnen, Baumwolle und Mais angebaut wurde. Bereits 1836 lief es aber nicht mehr so gut mit der Landwirtschaft und es gab nur noch 13 Sklaven und 400 Schafe auf Ascencion.
Normalerweise ist dieses Landhaus in Privatbesitz und geschlossen. Aber eben nicht am 1.Sonntag des Monats. Auf dem Gelände befindet sich eine kleine Kirche. Als ich ankam, war der Gottesdienst noch mit karibischer Inbrunst im Gange. Das Haus ist, wie schon gesagt, sehr groß und holländisch eingerichtet. Gleich am Eingang war ein Stand mit lokalen gefüllten Teigtaschen und Kaffee aufgebaut. Das war ein super Frühstücksstart in den Tag. Ich hab also zunächst einmal das Haus besichtigt. Um einen zentralen großen Repräsentationsraum ist rund herum eine Art Galerie gebaut. Die zahlreichen Fenster kann man alle öffnen und dann zieht eine frische Brise durch das Haus. Anders kann man es hier auch nicht aushalten. In dieser Galerie und einem Nebenhof hatten lokale Kunsthandwerker ihre Stände aufgebaut. Es gab live Musik. DieBand war so lustig. Die Musiker waren alle sicher weit über 65 und irgendwie aus der Zeit gefallen. Sie waren irgendwie 80 er mäßig gewandet und trugen sämtlich lustige Bärte, wie Samuel L. Jackson in „Pulp Fiction“. Gespielt wurden alle möglichen Gassenhauer, wie zB. „ Ein Schiff wird kommen“ aber karibisch aufgemotzt mit original Steeldrum. Einfach herrlich war das. Ich hab schön im Schatten mit einer lokalen Awa lamunchi ( selbstgemachte Zitronenlimonade) gesessen und mich treiben lassen. Die lokalen Kirchgänger sind dann auch dazugestoßen, allesamt ganz ordentlich und schick angezogen und dann wurde auf dem nicht vorhandenem Parkett eine flotte Sohle zu den heißen Rhythmen aufs Parkett, besser in den Sand, gelegt. Das Durchschnittsalter der Tänzer und Partnerinnen war sicher über 70. Also ich hatte auf jedenfalls einen tollen Vormittag.
Da der Tag wieder sehr heiß zu werden schien, hab ich dann beschlossen einen Strand aufzusuchen. Das war Sonntags sicher eine blöde Idee, da alle hier Sonntags zum Strand wollen. Nun denn, ich bin halt mehrere Buchten mit meinem kleinen voll klimatisierten Mietwagen abgefahren und hab dann auch wirklich eine kleine Bucht gefunden, die komplett ohne Touris war (es gab nämlich keine Bar und kein Restaurant dort). Ich fand’s herrlich ! Zum Glück gab’s für mich noch ein Sonnenschirmchen. Das Hautkolorit wird beim Tauchen immer ein wenig merkwürdig, da die Hände, Kopf und Hals vor, zwischen und nach den Tauchgängen der Sonne ausgesetzt sind und der Rest im Neoprenanzug steckt, den man grad mal zwischen den Tauchgängen auf Hüfthöhe runterklappt, um sich dann beim nächsten Tauchgang da nicht wieder reinquetschen zu müssen ( je enger, um so wärmer). Dies hat allerdings zur Folge, daß man im Bikini am Strand wirklich merkwürdig aussieht. Kopf und Hände sonnengebräunt und der Rest in meinem Fall osteuropäisch marzipanweiß. Ich hab mir leider trotz LSF 30 und Sonnenschirm, unter dem ich die ganze Zeit wie der kleine (eher große) Vampir gehockt hab, einen satten Sonnenbrand eingefangen. Hab ich natürlich, wie immer, erst am Abend dann zu Hause nach dem Auskleiden festgestellt. Zum Glück hatte ich gut Aloe Vera Zeugs mit, um mich rundherum einzumatschen, denn nix ist schmerzhafter, als sich mit Sonnenbrand am Folgetag in den Neoprenanzug zu zwängen.
Aber alles nicht so schlimm, über Nacht hat sich mein sowjetflaggenrotes Hautkolorit deutlich gebessert und Tauchen war problemlos möglich.
Heute gab es wieder einen tollen Sonnenuntergang extra für mich :-). Das Restaurant schließt gleich, denn um 20 Uhr wird alles im Dorf dicht gemacht. Ich werde trotzdem weiter berichten.
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