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Maa alslama,19.November 2023

  • Autorenbild: ulibrosch
    ulibrosch
  • 19. Nov. 2023
  • 4 Min. Lesezeit

Der letzte Tag hier ist angebrochen und ich bin etwas traurig, dass ich morgen schon wieder nach Hause muss. Gestern Abend war ich nochmal im Städtchen. Aber das eigentliche Ereignis war meine Fahrt dorthin. Wie hier üblich, geht man, um von A nach B zu kommen, einfach auf die Straße und winkt das nächst beste Auto ran, um gegen einen kleinen Obolus mitgenommen zu werden. Oft muss man nicht mal winken, die Autos fahren vorbei und hupen einen dezent an. Das ist die Frage für: brauchst Du ein Taxi? So ging es mir auch gestern. Ich hatte mein Hotelchen noch keine 20 Meter verlassen, da hupte es ganz eigenwillig hinter mir. Eigentlich war das kein Gehupe, sondern ein etwas gequältes Gequäke.

Ich drehte mich um- und da stand er ! Nein nicht Brad Pit - wie jetzt mancher (oder besser manche) glauben mag, sondern die Reinkarnation von Lawrence von Arabien im Auto. Und wenn ich sage Auto, ist das wirklich untertrieben. Vor mir stand ein riesiger kubischer Land Rover Defender, so alt, wie ich noch nie einen gesehen habe und in wüstengelb-braun-grün lackiert, bzw. eher abgeblättert. In diesem saß ein schon deutlich älterer Herr am Steuer, der so toll aussah, als ob er aus der Zeit gefallen wär. Zuerst konnte ich gar nicht einsteigen, da dieses Ungetüm von Gefährt dermaßen hoch war und der Einstieg zumindest so wenig komfortabel, dass ich aufpassen musste, mir nicht die Schienenbeine am Einstieg aufzuschürfen. Der ältere Herr reichte mir die Hand und zog mich ins Auto. Beim Tür zumachen fiel der Beifahrerspiegel ab. Au weia, dachte ich, jetzt hab ich auch noch dieses antike Relikt kaputt gemacht. Der Opi in schickster traditioneller Beduinenkleidung plus entsprechender Kopfbedeckung stieg gemächlich lächelnd aus dem Auto und gab mir zu verstehen, dass das nicht schlimm sei und steckte den Spiegel mit einem kleinen Eisenbolzen, den er auf der Straße auflas, wieder an die wahrscheinlich nicht originalgetreue Halterung.

Los ging die Fahrt ! Es war wie eine Zeitreise. Mein Fahrer sprach nur sehr wenig englisch, lachte aber die ganze Zeit ein so sympathisches einnehmendes Lachen, dass wir bald beide im Auto, welches mit nur gefühlten 20 km/h und ohne Licht durch die Dunkelheit zuckelte, herzlich zusammen lachten. Ich sagte ihm, das ich sein Auto so richtig toll fände, woraufhin er sich riesig freute.

Der Wagen sei Baujahr 1936 malte er mir aufs Armaturenbrett (was seinen Namen wirklich alle Ehre machte- obwohl die Hälfte der Anzeigen nicht mehr funktionierte) und dann zeigte er immer auf sich und das Auto. Ich brauchte eine Weile, um das zu verstehen. Aber dann hatte ich es: der Fahrer und das Auto waren je 87 Jahre alt ! Der totale Wahnsinn.

Nur wenn eine Abbiegung oder Gegenverkehr kam wurde kurz das Licht eingeschaltet, welches die Straße nur unwesentlich heller erscheinen ließ. Eigentlich diente es nicht uns zur Beleuchtung des Weges, sondern den anderen Verkehrsteilnehmern als Signal, dass wir kommen. Innen war dieser Land Rover trotz seines Alters erstaunlich bequem. Die Sitze waren hoch wie Küchenstühle und mit Beduinenteppichen bedeckt. Die Schaltung mutete sehr martialisch an und gab ziemlich wilde Geräusche von sich, beim sehr vorsichtigen Schalten des Fahrers. Das Armaturenbrett war oben mit einer Art orientalischem Teppich mit dicken Fransen und Troddeln verkleidet. Mein Fahrer fragte mich, ob wir noch ein bisschen rumfahren wollen und ich fand die Idee toll. Er erzählte mir mit Händen und Füßen, dass er 15 Kinder habe (die Beduinenmänner dürfen ja mit Einverständnis der Ehefrau eine weitere Frau heiraten, oder noch eine ... usw) und viele viele Enkelkinder. Er machte mit mir eine Stadtrundfahrt durch das kleine Dahab und wir wurden an jeder Ecke freundlich und respektvoll gegrüßt-offenbar war er im Ort gut bekannt. Ich war richtig ein wenig traurig, als unsere kleine Rundfahrt dann beendet war. Ich wollte ihm gern mehr zahlen, als der eigentliche Preis, aber das wollte er auf keinen Fall annehmen. Dafür gab ich ihm meine Packung Ricola Holunderblüten- Kräuterbonbons (das war das einzig Verschenkbare, was ich bei mir hatte) und darüber freute er sich aufrichtig. Wir verabschiedeten uns und ich bemühte mich, die Tür diesmal ohne Spiegelverlust zu schließen, was ihm ein schelmisches Schmunzeln auf die Lippen zauberte.

Das war eine für mich wirklich schöne Begegnung, die mir den ganzen Abend verschönte. So wenig braucht es, um einen glücklich zu machen. Ein Lächeln und Wertschätzung der anderen Person genügen, um das Herz zu erwärmen.

Ich bin dann ein wenig durch Dahab City gelaufen, vorbei an den Orten, an denen ich früher gewohnt hatte, wenn ich hier war und den vielen Cafés und Restaurants entlang der Bucht, die um die Aufmerksamkeit und Besuch potentieller Gäste buhlen. Ich hab mich für ein kleines Café entschieden und mit Blick auf die bunt beleuchtete Bucht einen leckeren Milchkaffee und Kuchen genossen.

Heute früh war ich wieder eine Stunde im spiegelglatten Meer schwimmen, bevor ich zum Frühstück bin und habe beschlossen, den heutigen letzten Tag mit nix außer Schwimmen, Lesen

und Schreiben verstreichen zu lassen. Und ganz nebenbei überlege ich, wohin mich meine nächste Reise führen soll.... obwohl, das weiß ich ja schon ! Ich fahre ja über Silvester mit meiner Schwester und Familie weg. Wie gewohnt, werde ich berichten !


 
 
 

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"Wenn einer eine Reise tut ..." ich berichte hier von meinen Reisen rund um die Welt. Fühl Dich herzlich eingeladen und erlebe mit mir, was ich da draußen in der Welt erlebe.

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